Freitag, 22. Oktober 2010

Offenheit gegenüber Freundinnen

Nach langer Zeit musste ich am Dienstagmorgen einmal wieder Weinen. Nicht wirklich aus Traurigkeit. Vielleicht doch. Meine Frau hatte mich aus der Klinik heraus angerufen als ich gerade dabei war, mit unseren Kindern zu frühstücken. Sie erzählte mir, dass sie ihrer Freundin am Abend während des Besuchs über die Vogelgrippe und ihre Angst erzählt hatte. Und dass sie ja jetzt wieder Eier essen würde.

Ich bin so unbeschreiblich glücklich darüber, dass scheinbar alle Angst und die Zwänge rund um die Infektionen/Vogelgrippe etc. verschwunden zu sein scheinen. Andererseits ist der Preis hierfür so schrecklich hoch. Aber es sieht ganz danach aus, als ob wir so nun noch einmal eine neue Chance erhalten.  An einem der letzten Besuchsabende strich mir meine Frau liebevoll mit ihrer beweglichen rechten Hand während meines Abschiedskusses über den Kopf. Eine so kleine, zärtliche Bewegung. Und ich habe das Gefühl, dass dies nicht 10 Monate, sondern 5 Jahre her ist, dass eine derartige "unnötige" Näherung stattfand. Es wäre so schön, wenn tatsächlich alles wieder gut und schön würde. Nur bleibt unklar, wie viel  meine Frau in der Reha und danach wieder an Kontrolle über ihren Körper erlangen wird.
DerPartner

Sonntag, 3. Oktober 2010

"Das war unnötig" - Ein bewegender Tag

Gestern war für mich ein bewegender Tag in Bezug auf die
Zwangserkrankung meiner Frau. Bereits am Telefon erzählte sie mir aus
der Klinik heraus, dass man sich ja wegen der Vogelgrippe keine
Gedanken machen müsste. Ihr Vater hätte ihr erklärt, dass hier keine
Vogelgrippe ist.
Als ich später bei ihr war, da sprachen wir intensiver über das Thema.
ich fühlte vorsichtig vor und bekam sehr deutliche Antworten. Dass es
unnötig gewesen sei, dass sie so viel geputzt hat. Dass sie jetzt auch
zum Frühstück Eier isst. Dass sie weiß, wer ihre Therapeutin war,
diese aber nicht mal zu Besuch kommt. Dass der Streit unnötig gewesen
sei und sie großen Quatsch gemacht hätte mit ihrer Angst. Dass sie
jetzt diese Angst nicht mehr hätte.

Ich erklärte meiner Frau, dass es sich schließlich um eine Krankheit
gehandelt hat. Wenn die Krankheit jetzt mehr da sei, dann wäre dies
wunderschön.

Samstag, 24. Juli 2010

Aus den Skizzen eines Fragebogen zum Abi-Buch aus 1994

Beim Platzschaffen für eine mögliche Kinderfrau bin ich auf den Entwurf eines Abi-Buchs meiner Frau gestoßen. Die Antwort auf die Frage auf dem Fragebogen "Wovor hast Du Angst:" " vor Schmutz und Krankheiten."
Self-fulfilling prohecy... Der Fragebogen stammt aus 1994. Da war meine Frau 20 Jahre alt.

Samstag, 3. Juli 2010

Sie sei nicht mehr sie selbst gewesen - sondern seltsam

Es gibt verschiedene Anzeigen dafür, dass die Zwangserkrankung bzw.
die alten Sorgen vor Krankheiten bei meiner Frau weiterhin vorhanden
ist. Im Grunde ist es ja jetzt erst wirklich "verständlich",
schließlich war es eine dumme Kombination aus Infektion und Zufall,
der die schwere Erkrankung jetzt hervorgerufen hat.
Inzwischen spricht meine Frau wieder. In der letzten Woche hat sie von
sich aus - ich weiß nicht, ob im Vorfeld andere Besucher etwas in
dieser Richtung gesagt hatten - etwas bemerkenswertes gesagt. Sie
meinte, sie sei vor der Krankheit jetzt, nicht mehr sie selbst
gewesen. Sie wäre seltsam gewesen. Sie wüsste nicht wie, aber das war
sie gar nicht.

Wenn es tatsächlich eine derartige Reflexion noch geben würde, das
wäre fast zu schön um wahr zu sein. Ich bin gespannt, wie es
weitergeht.
DerPartner

Montag, 24. Mai 2010

Vincent will Meer

Ein Kinofilm mit Protagonisten, die wunderschön die Zwänge und Ticks
in einer wohl wunderschönen Geschichte unterbringen. Eine Freundin hat
mir über den Film erzählt. Interessant, dass ich sonst nichts über den
Film gehört/gelesen hatte.
Link: http://www.vincent.film.de/

Sonntag, 9. Mai 2010

Beim Aufräumen

Ich habe ein wenig Luft. Meine Frau liegt weiterhin im Krankenhaus. Sie ist inzwischen aus ihrem Koma aufgewacht. Ich habe sie noch nicht wieder sprechen gehört. Andere Familienmitglieder haben bereits das eine oder andere Wort vernommen. Die Zwangserkrankung wird mit den Schäden im Gehirn entweder auch der Vergangenheit angehören, oder sie wird ein kleines Übel bleiben.

Ich bin gerade dabei, das Schlafzimmer aufzuräumen. Nein, ich entferne nicht die Erinnerungen an meine Frau, aber ich schaffe weiter Ordnung. Gefunden: Eine Plastikmülltüte. Darin verpackt: Ein paar Kinderschuhe. Geeignet für kalte, trockene Wintertage oder kühle Frühlingstage. Die Sohle unbenutzt. Größe 25. Unsere Tochter trägt jetzt 26. Wer weiß, warum meine Frau diese Schuhe verpackt hatte. Im Schlafzimmer. In ihrem Schrank. Wer weiß, was die Verkäuferin der Schuhe vorher angefasst hat. Wovor meine Frau Angst hatte. Keiner weiß es. Und meine Frau wird es vergessen haben. Unsere Tochter wird diese Schuhe nie tragen können. Schade. So vieles, so schade.

Mittwoch, 17. März 2010

Die Suche nach dem Happy End

Die ganzen letzten Jahre hatte ich mich darüber motiviert, dass zu einem Zeitpunkt in der Zukunft die Zwangserkrankung Frau überwunden, wir wieder ein glückliches Familien- und Eheleben führen würden und all die Dinge erleben, die wir uns als Ehepaar wünschten. Sozusagen: Das Happy End.
 
Nun gibt es für die Zwangserkrankung meiner Frau vorerst kein Happy End. Das ist extrem. Traurig, macht wütend. Das hat sie nicht verdient. Andererseits gibt es im gewissen Sinne jetzt eine andere Art der Belohnung: Meine Möglichkeit, all die Dinge mit unseren Kindern zu erleben, die ich erleben wollte. Und ich werde nun viel Energie von diesen Kindern erhalten und viel Energie in die Kinder stecken - es wird eine harte, aber sicherlich auch sehr schöne Zeit mit den Kindern sein. Die Thematik, dass die Mutter in ihrer ursprünglichen Rolle und ihren Möglichkeiten fhelt, muss natürlich auch in meine Planung hinein, aber das wird klappen.
DerPartner

Samstag, 13. März 2010

Vom einen Käfig in den nächsten - aber diesmal stecke ich nicht im Käfig drin. Nicht heute. Nicht morgen.

Rückblickend war meine Frau in den letzten Jahren in einem Käfig der Angst gefangen. Ein Käfig, der ihr zwar keine Flucht erlaubte, der aber so gebaut war, dass sie ihre Kinder und bis zu einem bestimmten Grade auch mich mit einsperren konnte.

Nun hat sich die Situation gewandelt. Der Käfig, in dem meine Frau jetzt steckt, ist ein Käfig des Nicht-Könnens für sie. In die Freiheit entlassen sind unsere Kinder und ich. Wir müssen nicht mehr die strengen Rituale befolgen oder müssen uns nicht damit auseinandersetzen, was passiert, wenn wir die Rituale nicht befolgen (es war ein seltsamer Moment gestern, als ich nach dem Einkauf irgendwann einmal dachte "oh gott, ich habe ja noch die Schuhe an" und schon längst mit den Schuhen durch das ganze haus gelaufen war. Aber: Die Schuhe waren trocken und sauber und so war es bequem gewesen direkt aus der Garage ins Haus die Einkäufe zu tragen).

Meine Frau ist als behindert - schwer behindert - vom behandelden Arzt nun eingestuft worden. Die akute Erkrankung des Gehirns ist soweit zurückgedrängt, doch hat sie einen nicht geringen Teil des Gehirns beschädigt. Jene Bereiche, die bei meiner Frau unter anderem auszeichnend für ihren Charakter verantwortlich waren, scheinen schwerwiegend zerstört worden zu sein. Sie wird in Zukunft verstehen können was passiert. Sie wird jedoch nicht mehr selbständig handeln können, planen können. Mit aller Voraussicht. Und so schließt sich der Kreis: Sie konnte mit der Zwangserkrankung so viele Dinge nicht planen, da sie von vorneherein in der Planung eingeschränkt war. Nun kann sie nicht mehr planen, da ihr Gehirn dies nicht mehr vorsieht. 

Die Geschichte raus aus der Zwangserkrankung ist damit für mich geschrieben. Ich bin nicht mehr Betroffen. Kann wieder selbst entscheiden. Doch leider in einer ganz anderen Art und Weise, wie ich es mir ausgemalt habe. Jahrelang habe ich mit der Hoffnung gelegt, dass eines Tages wieder ein harmonisches, glückliches und wirklich partnerschaftliches Leben möglich sein wird. Habe mir ausgemalt, wie schön es sein würde, wenn ich die Frau, die ich liebte und heiratete, einmal in einer Zeit nach der Auswirkung der schweren Zwangserkrankung, erleben kann. Wie wir zusammen leben. Und nun ist das alles zerstört. Es wird kein normales Leben geben. Meine Frau wird in einem Maße behindert bleiben, der wieder in einem Maße einschränkt, dass ich davon zumindest heute noch nicht fröhlich träumen kann. Meine Frau hat die schwere Krankheit überlebt. Aber sie bleibt in einem Käfig. Und ich muss schauen, dass der Käfig sich nicht wieder über mich und um unsere Kinder legt.

Wenn Zwänge das Leben einengen, das Leben bestimmen und die Liebe auf die Probe stellt, so bleibt für mich jedoch die Lehre zu ziehen: Kämpfen lohnt sich. Es hätte schließlich auch anders und ohne diese massive Hirnerkrankung ausgehen können.  
DerPartner

Samstag, 27. Februar 2010

TV-Hinweis: 2. März 22.15, VOX-Reportage

es wird sicherlich entsprechend dramatisch dargestellt. Vielleicht ist es aber auch gut so. Diesmal sind Kinder und Zwänge das Thema:
Dienstag, 02. März 2010


Kämpfen von klein an! - Wenn Kinder unter Zwängen leiden
60 Min.
Reportage Deutschland 

Imke (13) aus der Nähe von Hannover leidet schon seit frühester Kindheit unter mehreren Zwangsstörungen. Mit zwei Jahren wurde bei ihr das Tourette-Syndrom festgestellt. Seither muss sie mit unkontrollierbaren Zuckungen und oralen Tics leben. Später kamen noch ADHS und der Zwang zur Zerstörung von Gegenständen dazu. So hat Imke erst vor Kurzem all ihre Sachen im Kleiderschrank zerrissen. Auch in der Schule hat sie es nicht leicht. Immer wieder muss sie Papierblätter zerknüllen oder Stifte zerbrechen, die vor ihr auf dem Tisch liegen. Zurzeit macht Imke eine Therapie an der Universitätsklinik Göttingen. Hier will sie lernen, mit ihren Wutausbrüchen besser umzugehen. Das tapfere Mädchen will endlich die Krankheit in den Griff bekommen.

Jessica (12) ist die älteste von vier Geschwistern und lebt mit ihren Eltern in einem kleinen Dorf in Brandenburg. Vor vier Jahren brachen bei ihr die Zwänge aus. Plötzlich hatte das Mädchen panische Angst vor allen Verschmutzungen. Keiner durfte sich mehr auf ihren Platz setzen, keiner durfte sie mehr anfassen, auch ihre ...


Montag, 8. Februar 2010

Weiter im Krankenhaus

Einem behandelnden Arzt habe ich heute meine Hypothese der Prognosen für meine Frau genannt.
Im Schlimmsten Falle bleibt sie in dem Zustand, in dem sie jetzt ist - und zwar für immer. Das heißt: Sie verfolgt ab und zu mit den Augen, was um sie herum passiert, kann vielleicht an guten Tagen eine Hand strecken. Wird aber nicht sprechen können. nicht "kontaktfähig" sein.
Und im besten Fall ist sie später anders als früher, mit noch nicht überaschaubaren Handicaps.

Es schien die Art der Sprache zu sein, bei dem der Arzt dann hinter dem Berg vorkommen konnte, nachdem er mehrere Minuten eher ausweichend sprach bzw. hören wollte, was bisher denn schon gesagt wurde. Denn, er bestätigte mir die Bandbreite.

Und: man kann es mir nichr recht machen... Da wollte ich die ganzen Jahre über, dass sich der Zustand meiner Frau ändert und ich zum beispiel mehr mit meinen Kindern machen kann, und jetzt hat sich der Zustand meiner Frau verändert und ich bin noch immer nicht zufrieden... böse, was?
DerPartner

Sonntag, 24. Januar 2010

2010-01-24 Weiterhin im Krankenhaus

Meine Frau liegt weiterhin im Krankenhaus. Sie wird nicht mehr beatmet, kann wieder selbständig atmen. Über die weiteren Prognosen schweigen sich die Ärzte aus.

Mittwoch, 13. Januar 2010

Gutschrift

Ob es daran lag, dass ich nicht mehr jedem Duschbefehl nachging oder
daran, dass meine Frau krank wurde, kann ich schlecht sagen, aber: Wir
bekommen eine 70 Euro Gutschrift, da wir weniger Wasser als geplant
verbraucht haben.
Meine Frau liegt noch weiter im Koma
DerPartner

Freitag, 1. Januar 2010

Im "Schuhraum"

Wir haben im Vorraum einen Kleiderschrank auf dem meine Frau die letzten Jahre immer irgendwelche Sachen gelagert hatte. Mich hat das nie interessiert. Es sah zwar ein wenig voll aus, aber ansonsten kein Thema.

Ich habe mir gerade die Sachen angeschaut. Verschiedener Krams. Eine Sache hat mich aufgeregt: ich hatte meiner Frau vor 7 Jahren einen Organizer geschenkt und ihr dafür auch alle Kontakte aus ihrem Adressbuch abgeschrieben und so auf dem Gerät gesichert. Jetzt habe ich das Gerät - was verschollen war - auf diesem Schrank in einer Plastikmülltüte wiedergefunden. Ich weiß nicht, seit wann er dort lag. Aber es könnte sein, dass ich meine Frau das letzte Mal damit im Krankenhaus vor der Geburt unseres Sohnes gesehen hatte. Danach hat sie ihn anscheinend nicht mehr nutzen wollen. Die Gummierte Schutzhülle hat einen weißlichen Schleier bekommen. Ich weiß nicht welches Putzmittel sie hier verwendet hatte, doch sicherlich ein recht kräftiges. Schade um das Gerät.
DerPartner