Sonntag, 9. Mai 2010

Beim Aufräumen

Ich habe ein wenig Luft. Meine Frau liegt weiterhin im Krankenhaus. Sie ist inzwischen aus ihrem Koma aufgewacht. Ich habe sie noch nicht wieder sprechen gehört. Andere Familienmitglieder haben bereits das eine oder andere Wort vernommen. Die Zwangserkrankung wird mit den Schäden im Gehirn entweder auch der Vergangenheit angehören, oder sie wird ein kleines Übel bleiben.

Ich bin gerade dabei, das Schlafzimmer aufzuräumen. Nein, ich entferne nicht die Erinnerungen an meine Frau, aber ich schaffe weiter Ordnung. Gefunden: Eine Plastikmülltüte. Darin verpackt: Ein paar Kinderschuhe. Geeignet für kalte, trockene Wintertage oder kühle Frühlingstage. Die Sohle unbenutzt. Größe 25. Unsere Tochter trägt jetzt 26. Wer weiß, warum meine Frau diese Schuhe verpackt hatte. Im Schlafzimmer. In ihrem Schrank. Wer weiß, was die Verkäuferin der Schuhe vorher angefasst hat. Wovor meine Frau Angst hatte. Keiner weiß es. Und meine Frau wird es vergessen haben. Unsere Tochter wird diese Schuhe nie tragen können. Schade. So vieles, so schade.

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